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Faire Arbeitsbedingungen, was heißt das? Q&A mit Aika von FEMNET


Was bedeutet es eigentlich, wenn wir von fairen Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie sprechen? Darüber haben wir mit Aika von FEMNET gesprochen und ihr ein paar schnelle Fragen gestellt. 

Yuu: Was ist FEMNET, was macht ihr bei FEMNET und was ist deine Rolle?

Aika: FEMNET ist ein Verein mit Sitz in Bonn, der sich für Frauenrechte und Arbeitsrechte in der globalen Bekleidungsindustrie einsetzt. 

Wir haben zahlreiche Projekte im In- und Ausland, durch die wir Gewerkschaften vor Ort, z.B. in Indien und Bangladesch, unterstützen, aber auch Bildungsarbeit in Deutschland leisten. Zudem beraten wir Städte und Kommunen in der Beschaffung von fairer Berufsbekleidung oder anderen Textilien und seit kurzem auch Unternehmen.

Außerdem sind wir Mitglied der Kampagne für Saubere Kleidung (https://saubere-kleidung.de/) und machen regelmäßig auf Eilaktionen und Kampagnen aufmerksam. Unser Ziel ist es, dass Textilarbeiter:innen weltweit unter fairen Arbeitsbedingungen arbeiten können, das beinhaltet u.a. einen existenzsichernden Lohn und sichere Arbeitsverhältnisse.

Ich bin seit 2016 bei FEMNET und arbeite in der Öffentlichkeitsarbeit. Zur Zeit recherchiere ich viel zu der Situation in den Produktionsländern und unterstütze meine Kolleg:innen in der Social Media Arbeit.

Yuu: Wie würdest du die aktuelle Situation der Bekleidungsarbeiter:innen in den weltweiten Lieferketten beschreiben?

Aika: Grundsätzlich leiden Bekleidungsarbeiter:innen unter niedrigen Löhnen, massiven Überstunden und geschlechtsspezifischer Gewalt. Viele Arbeiter:innen sind in prekären Arbeitsverhältnissen angestellt und können sich nicht auf ihren festen Lohn verlassen und die Arbeit in Gewerkschaften wird häufig unterdrückt, sodass sich die Arbeiter:innen nicht gemeinsam für ihre Rechte stark machen können. Teilweise stehen die Arbeiter:innen unter so hohem Produktionsdruck, dass ihnen nicht einmal der Toilettengang gewährt wird.

Zu diesen Problemen kommt aktuell on top, dass die Inflation in den Produktionsländern die Lebensmittelkosten so stark ansteigen lässt, dass Arbeiter:innen sich und ihre Familien aufgrund ihres ohnehin niedrigen Lohns kaum ernähren können. Als Beispiel: in Sri Lanka liegt die Inflationsrate aktuell bei über 70%, in der Türkei sogar über 80% - zum Vergleich: in Deutschland haben wir eine Inflation von etwa 10%.

Auch der nachlassende Konsum von Bekleidung in Europa hat bereits Auswirkungen auf die Fabriken in z.B. Bangladesch, Vietnam und Kambodscha. Dort gehen die Aufträge zurück und Fabrikbesitzer:innen müssen zeitweise die Produktion stilllegen. Dies führt natürlich dazu, dass die Arbeiter:innen noch weniger Lohn bekommen.

Yuu: Wie können Konsument:innen bewusster konsumieren?

Aika: Wenn ich ein Bekleidungsstück neu kaufe, bedeutet das immer, dass dafür Ressourcen genutzt wurden und CO2 emittiert wurde. Aus ökologischer Sicht ist es also besser, die Sachen zu nutzen, die wir schon haben oder die bereits produziert wurden - sprich, Kleidung zu tauschen, leihen oder gebraucht zu kaufen. 

Auf die Arbeiter:innen in den Produktionsländern hat das aber erstmal keine Auswirkungen. Bei einem Neukauf sieht das anders aus: da empfehle ich darauf zu achten, was die Marke kommuniziert. Veröffentlicht sie zum Beispiel Listen der Lieferant:innen oder berichtet transparent über Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten? Ist das Unternehmen zum Beispiel Mitglied der Fair Wear Foundation oder nutzt es andere Siegel, die Aufschluss über die Arbeitsbedingungen der Menschen in der Lieferkette geben, wie z.B. Fairtrade Cotton oder GOTS? Diese sind ein erstes Indiz dafür, dass das Unternehmen sich Gedanken um die Menschen, die ihre Kleidung herstellen, machen.

Bekleidungsgeschäfte, die ein nachhaltiges bzw. faires Angebot an Bekleidung haben, sind auch immer eine gute Möglichkeit, sich mit den Verkäufer:innen auszutauschen und bei konkreten Marken nachzuhaken. Leider ist es für Konsument:innen aber nicht immer einfach, bei Marken hinter die Fassade zu tauschen. Deswegen sind Organisationen wie FEMNET eine gute Anlaufstelle, um sich über die allgemeine Situation der Bekleidungsarbeiter:innen zu informieren und eventuell auch nicht nur durch den Einkauf eine Stimme abzugeben sondern auch als Bürger:in aktiv zu werden.

Yuu: Welche anderen Möglichkeiten gibt es für Bürger:innen aktiv zu werden?

Aika: Gerade gibt es einige vielversprechende Petitionen auf deutscher sowie auf EU-Ebene. Zum einen gibt es eine Petition der „Initiative Lieferkettengesetz“, die sich an Bundeskanzler Scholz richtet, ein wirksames EU-Lieferkettengesetz zu unterstützen. Mit diesem Gesetz könnten Unternehmen verpflichtet werden, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen und Menschenrechte und Umweltschutz in ihren Lieferketten zu wahren. Das beschlossene deutsche Lieferkettengesetz hat leider einige Schwachstellen und eine zivilrechtliche Haftung, die es Arbeiter:innen ermöglichen würde, vor deutschen Gerichten gegen Unternehmen zu klagen, wurde leider durch den Druck der Unternehmenslobby wieder aus dem Entwurf gestrichen. In dem aktuellen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz hingegen ist diese Haftung noch drin und nur mit ausreichend Druck der Zivilgesellschaft können wir sicherstellen, dass das so bleibt. 

Außerdem gibt es gerade eine europäische Bürger:inneninitiative, die sich für existenzsichernde Löhne in der Bekleidungsbranche stark macht, die man ebenfalls mit einer Unterschrift unterstützen kann.  Auf unseren Social Media Kanälen kann man sich darüber hinaus über weitere Kampagnen informieren und wir freuen uns immer über neue Mitglieder und Spender:innen. 

Yuu: Vielen Dank für deine Zeit und all die Infos, Aika!

Wollt ihr auch aktiv werden?

Macht mit bei der Initiative für existenzsichernde Löhne und unterschreibt jetzt die Petition für ein stärkeres Lieferkettengesetz:

LINK GOOD CLOTHES FAIR PAY

https://www.goodclothesfairpay.eu/

LINK ZUR PETITION LIEFERKETTENGESETZ

https://lieferkettengesetz.de/mitmachen/

Weiterführende Infos über und von FEMNET

https://femnet.de

FEMNET Instagram Account

https://www.instagram.com/femnet_ev/

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